Israelbezogener Antisemitismus

 Israelbezogener Antisemitismus


Israelbezogenem Antisemitismus im Schulalltag wirksam begegnen Legitime Kritik oder Judenhass: Soziologin Prof. Dr. Julia Bernstein von der Frankfurt UAS veröffentlicht Orientierungshilfe für pädagogische Praxis


JCKBD - BLOG - HANAU


Julia Bernstein wurde im Jahre 1972 in der Ukraine geboren. Sie studierte Kunstgeschichte, Soziologie und Kulturanthropologie an der Universität Haifa. Nach dem Ende ihres Masterstudiums im Jahre 2000 arbeitete Sie als Tutorin, Forschungsassistentin und Lektorin an unterschiedlichen Colleges in Israel.

Im Jahre 2002 begann sie mit ihrer Dissertation. Mit eingeschlossen war eine zweijährige Feldforschung in Deutschland, bei der sie die deutsche Sprache erlernte. Ihre Dissertationträgt den Titel „Food for Thought: Contested Affiliations of Russian-Speaking Jewish Migrants in Israel and Germany. A Study of everday life and food practices”. Sie zog nach Deutschland: Von 2007 bis 2010 war sie Lehrbeauftragte am Institut für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Parallel war sie Lehrbeauftragte an der Fachhochschule Frankfurt am Main. Es folgten weitere Lehraufträge am Institut für Soziologie an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz. Ab 2010 war Bernstein in Köln als Lehrkraft für besondere Aufgaben am Lehrstuhl Soziologie für vergleichende Bildungsforschung und Sozialwissenschaften an der Humanwissenschaftlichen Fakultät tätig.

2015 erhielt Prof.' Dr.' Julia Bernstein an der Frankfurt University of Applied Science die Professur für Diskriminierung und Inklusion in der Einwanderungsgesellschaft. 2018 veröffentlichte sie mit Mitarbeiter_innen in Frankfurt eine umfassende Studie unter dem Titel „Mach mal keine Judenaktion“. In über 200 Interviews haben sie überwiegend jüdische Lehrkräfte, Sozialarbeiter_innen und Schüler_innen zu ihren Erfahrungen befragt. Aktuell arbeitet das Team am Handlungskoffer Antisemitismus.

Frankfurt am Main, 14. April 2021.

Die Zahl judenfeindlicher Angriffe in Deutschland hat 2020 einen neuen Höchststand erreicht, seitdem die Polizei das Erfassungssystem „Politisch Motivierte Kriminalität (PMK)“ im Jahr 2001 eingeführt hat. Um Antisemitismus wirksam zu begegnen, muss bereits in Schulen und Jugendeinrichtungen Aufklärungsarbeit geleistet werden, fordert die Soziologin Prof. Dr. Julia Bernstein. Die Wissenschaftlerin vom Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) forscht seit längerem zum Thema Antisemitismus in der Schule.

Sie betrachtet den als „Israelkritik“ getarnten Antisemitismus als gesellschaftliches Problem, das ihren Forschungsbefunden zufolge auch das Kernproblem des pädagogischen Umgangs mit Antisemitismus ist. „Antisemitismus manifestiert sich heute häufig mit einem Israelbezug und wird in dieser Form von vielen Lehrkräften nicht als Problem wahrgenommen oder gar als vermeintlich legitime Kritik verharmlost“, so Bernstein. „In der Folge sind viele Schulen zu Orten geworden, an denen Antisemitismus nicht angemessen entgegengewirkt wird.“ Wie lässt sich legitime Kritik an der israelischen Politik von Antisemitismus abgrenzen, wo lauern Fallstricke, wie lassen sich verbreitete Mythen und Stereotype demaskieren?

In ihrer neuen Publikation, die sich als Orientierungshilfe für die pädagogische Praxis versteht, beleuchtet Bernstein das Phänomen des israelbezogenen Antisemitismus und stellt diesem konkrete Handlungsempfehlungen und Argumentationshilfen entgegen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion um die Definition des Antisemitismus verweist Prof. Dr. Bernstein darauf, dass für sie die vom deutschen Bundestag empfohlene Definition der IHRA (International Holocaust Remembrance Alliance) maßgeblich ist. Sie kritisiert überdies wiederkehrende Versuche, mit ihrer Kritik aufgrund einer unterstellten Schwäche hinsichtlich des israelbezogenen Antisemitismus ausgerechnet die dominierende Erscheinungsform des Antisemitismus in der Gegenwart zur Diskussion zu stellen und damit den Fokus weg vom Antisemitismus als gesellschaftliches Problem und Bedrohung für Juden zu lenken.

„In der Wahrnehmung und Bewertung Israels und des Nahostkonflikts finden seit Jahrhunderten tradierte antisemitische Feindbilder einen Ausdruck“, so Bernstein. Darüber hinaus werde Israel der Verletzung konsensueller Werte schuldig gesprochen und dem gleichgesetzt, was – wie das nationalsozialistische Deutschland oder die Apartheid in Südafrika – als Verbrechensregime und anerkannter Ausdruck der Menschenverachtung geächtet ist. „All dies zielt auf die Delegitimierung des jüdischen Staats ab. Es schafft auch eine feindselige Kulisse für Jüdinnen und Juden in Deutschland, werden diese doch häufig als Stellvertreter/-innen Israels wahrgenommen, beleidigt oder gar angegriffen“, sagt die Soziologin. Nach dem Holocaust habe der Antisemitismus in der Öffentlichkeit einer Ächtung unterlegen, die inzwischen mit dem Israelbezug unterlaufen werde.

Israelbezogener Antisemitismus werde als „Kritik“ legitimiert und häufig im Spektrum des Meinungspluralismus im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt verortet. Der Verweis auf 
diesen quasi getarnten Antisemitismus wird laut Bernstein in Folge als vermeintlicher Versuch gewertet, ,legitime Kritik‘ zu diskreditieren.

Diese gesellschaftliche Kulisse prägt auch den pädagogischen Umgang mit israelbezogenem Antisemitismus, wie er sich vordringlich in der Schule als eklatantes Problem zeigt. „Er wird von manchen Lehrerinnen und Lehrern nicht nur ignoriert, er wird mitunter von ihnen selbst in die Klassen getragen“, so Bernstein. Während er sich unter Schülerinnen und Schülern aggressiv als „Israelhass“ zeigt, vermeinen einige Lehrkräfte, legitime Kritik an der Politik Israels zu üben. Bernstein: „Somit wird Antisemitismus wieder sagbar gemacht.“ Für jüdische Kinder und Jugendliche entsteht dadurch eine feindselige Atmosphäre, werden sie doch von ihren Mitschülerinnen und -schülern verbal oder physisch angegriffen. Die verbalen Angriffe werden von ihren Lehrkräften zum Teil gebilligt und häufig nicht wahrgenommen.

Mit dieser verzerrten und bagatellisierenden Problemwahrnehmung ist nach Bernsteins Überzeugung der pädagogische Umgang mit Antisemitismus verstellt. Doch auch problembewusste Lehrkräfte geraten häufig an ihre Grenzen, denn ihnen fehlt mitunter das Wissen über den Antisemitismus als Phänomen eigener Art. Hier setzt die Sozialwissenschaftlerin in ihrem Buch an. Sie erklärt, anhand welcher Kriterien israelbezogener Antisemitismus erkannt werden kann und wie er als Phänomen im Kontext des Nahostkonflikts zu verstehen ist. Dabei zeigt sie auf, wie Antisemitismus jahrhundertealte antisemitische Feindbilder zeitgemäß anpasst und diese auf den jüdischen Staat überträgt. Sie stellt Lehrkräften einen Ansatz zur Verfügung, entlang von Bildervergleichen und -analysen Schülerinnen und Schülern diese Kontinuität näherzubringen.

Die Autorin vermittelt Lehrkräften, in welchem Maße vermeintlich israelkritische Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsmuster in unterschiedlichen politischen Gruppen in der Institution Schule sowie in der Öffentlichkeit, in den Medien und sozialen Netzwerken normalisiert sind. Dies widerlegt den Irrglauben, „Israelkritik“ werde unterdrückt und sei eigentlich eine Überzeugung weniger Menschen, und befähigt Lehrkräfte, antisemitische Äußerungen in der Klasse in den Zusammenhang zu entsprechenden Forschungsbefunden zu stellen. Bernstein stellt zudem die Grundzüge des Nahostkonflikts dar, um einseitige, verzerrte und dämonisierende Aussagen über das Verhalten Israels als antisemitisch erkennen zu können. Dies bietet Kontextwissen darüber, wie Antisemitismus nicht nur die Wahrnehmung des Nahostkonflikts, sondern diesen selbst prägt. Die Wissenschaftlerin legt den Fokus auch auf die palästinensischen Akteure, ihre Forderungen und deren internationale Wahrnehmung.

Abschließend formuliert Bernstein Handlungsempfehlungen für einen routinierten Umgang mit israelbezogenem Antisemitismus in der pädagogischen Praxis. Dafür skizziert sie Grundbedingungen wie die Bereitschaft zur Reflexion, um anschließend darzustellen, was in Konfrontation mit antisemitischen Äußerungen und bei Angriffen auf jüdische Kinder oder Jugendliche getan werden kann, um Feindbilder zu widerlegen.

Julia Bernstein: Israelbezogener Antisemitismus. Erkennen – Handeln – Vorbeugen, Verlag Beltz Juventa, 266 Seiten, ISBN: 978-3-7799-6359-2, 29,95 Euro, Erscheinungstermin: 14. April 2021

Der dem Buch zugrunde liegende Forschungsbericht von Prof. Dr. Bernstein et al. „,Mach mal keine Judenaktion!‘: Herausforderungen und Lösungsansätze in der professionellen Bildungs- und Sozialarbeit gegen Antisemitismus“ ist hier nachzulesen: www.frankfurt-university.de/antisemitismus-schule.

Die Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS):

Die Frankfurt University of Applied Sciences zeichnet sich durch angewandte Wissenschaft, hohe Internationalität und gelebte Vielfalt aus. Fragen aus der Praxis erhalten wissenschaftlich fundierte Antworten, und Forschungsergebnisse finden einen direkten Weg in die Gesellschaft. Durch Partnerschaften mit weltweit rund 200 Hochschulen ist die Frankfurt UAS in einer globalen Bildungswelt gut vernetzt. Vier Fachbereiche bieten 72 Studiengänge mit technischer, wirtschaftlich-rechtlicher und sozialer Ausrichtung an.

Ein vielfältiges Weiterbildungsprogramm ermöglicht auch Externen berufsbegleitendes, lebenslanges Lernen. Zudem wird anspruchsvolle, inter- und transdisziplinäre Forschung in außergewöhnlichen Fächerkombinationen betrieben. Im Dialog mit Partnern aus Wirtschaft, Verbänden und Institutionen ist die Frankfurt UAS innovative Entwicklungspartnerin, um gemeinsam zukunftsweisende Lösungen zu generieren. Die enge Verknüpfung von Forschung und Lehre mit der Praxis qualifiziert die Studierenden für einen erfolgreichen Einstieg in attraktive Berufsfelder und gewährleistet ihre Anschlussfähigkeit im Berufsalltag. Der Campus der 1971 als Fachhochschule Frankfurt am Main – University of Applied Sciences gegründeten Hochschule liegt zentrumsnah im Herzen Frankfurts.

www.frankfurt-university.de


Herausgeber: Der Präsident I Nibelungenplatz 1 I 60318 Frankfurt I www.frankfurt-university.de I Kommunikation und Veranstaltungsmanagement I pressestelle@fra-uas.de I Redaktion: Claudia Staat I Tel.:+49 69 1533-3331 I E-Mail: staat@kom.fra-uas.de 


Wir sind uns sicher, dass wir so bald wie möglich Frau Prof. Dr. Julia Bernstein in unserer Hanauer jüdischen Breslev Gemeinde begrüßen können. 



Shalom aus Hanau in die Welt


Jüdisch Chassidische Kultusgemeinde Breslev Deutschland
International Jüdisches Zentrum für Menschlichkeit und Toleranz
………………………………………..

DEUTSCHLAND:
Caracciola Haus
Nussallee 2
63450 Hanau
………………………………………..

Jüdisch Chassidische Kultusgemeinde Breslev Deutschland

Internetpräsenz: www.jckbd-hanau.de

Facebook: Jüdisch- Chassidische Kultusgemeinde Breslev Deutschland
………………………………………..

International Jüdisches Zentrum für Menschlichkeit und Toleranz - MUT

Facebook: www.facebook.com/ijzfmut
………………………………………..

Kontakt Rabbinat: +49 (0) 6181 9396660‬
………………………………………..

#emuna #Jeruschalajim #faith #jews #chassidim #rabbinachman #hanau #jckbd #soul #heart #love #jüdischegemeinde #breslev #g_tt #tora #gebete #liebe #respekt #seele #menschlichkeit #hashem #toleranz #miteinander #nikodeeg

________________________________________________________________________ NÄCHSTER BEITRAG  >>>


  




Kommentare